UteGlaser                                                                                                                                                E-Mail                    
Journalistin

 

6. Februar 2002

Koelner Stadt-Anzeiger online - www.ksta.de

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Schlafmünzen zum Leben erweckt

Karl-Wilhelm Bühne sammelte Tausende von Scheinen und Münzen aus Euroland zugunsten eines CVJM-Projekts in Sierra Leone. Seine stolze Bilanz: fast 8500 Euro.

VON UTE GLASER

Kürten - Karl-Wilhelm Bühne hatte einen Traum: „In Kürten sind 10 000 Mark versteckt.“ Das war im Februar 2001. Er träumte, dass er sie fände, dass er sie in Euro umtauschen und nach Sierra Leone bringen würde. Dort war er einen Monat zuvor gewesen. Als Kassenwart des Christlichen Vereins junger Menschen (CVJM) Kürten hatte er der Gruppe angehört, die den CVJM-Ortsverein Kailahun besuchte. Zwischen beiden besteht seit 1983 eine Partnerschaft, aber wegen des Rebellenkriegs war der Besuch im Januar 2001 der erste seit zehn Jahren. Dass von der 20 000 Einwohner zählenden Stadt nur noch drei Häuser übrig geblieben waren, verfolgte den Kürtener bis in den Schlaf.

Für Karl-Wilhelm Bühne sind nicht alle Träume Schäume. Er nahm den seinen als göttlichen Fingerzeig und begann, ihn in die Wirklichkeit umzusetzen.

Große Sammelbüchsen

Im Juni vergangenen Jahres stellte er in den drei Gotteshäusern der evangelischen Kirchengemeinde Delling sowie an anderen markanten Punkten in Kürten Sammelbüchsen für Restdevisen auf. Dass jede vier Liter fasste, war eine logische Folge seines Traums: Schließlich waren 10 000 Mark verheißen, und wie sollten die in die sonst üblichen kleinen Dosen passen?

Der Traum hatte nicht getrogen. Die Bürger ließen ihre in Schubladen, Tüten und Geldbörsen versteckten Restdevisen, Überbleibsel vieler Urlaube, in die Sammelbüchsen wandern. Den größten Batzen brachte Pfarrer Ralph Knapp in der Dellinger Kirche zusammen: Über 1700 Euro waren die ausländischen Münzen und Scheine wert. Auf Platz zwei der Sammelhitliste rangiert die Apotheke Kürten mit gut 1000 Euro, auf Platz drei die Apotheke in Bechen mit rund 700 Euro.

Bühnes Gedanke traf auch andernorts auf so große Anteilnahme, dass zum Beispiel der CVJM Kreisverband Köln Devisen im Wert von gut 1000 Euro sammelte und der Ortsverein Wuppertal im Wert von etwa 800 Euro. Insgesamt hat Bühne durch die Aktion fast 8500 Euro erzielt. Eine Sisyphusarbeit war es für den Rentner, die Ausbeute zu sortieren und umzutauschen. Seit Oktober hat er im Schnitt drei Stunden täglich damit zugebracht - rund 400 Stunden insgesamt. Das Gästezimmer ist seit Monaten eine Art „Sierra Leone Bank“, und er selbst - von Hause aus Ingenieur - inzwischen ein Devisen-Fachmann.

Weil die Abgabe des Geldes an eine Verwertungsfirma nur 50 bis 70 Prozent des Wertes eingebracht hätte, entschloss er sich, den Schatz selbst zu verwerten. Geld aus 78 Ländern ging durch Bühnes Finger, die Reisegewohnheiten der Deutschen widerspiegelnd: Die Hitliste führt Frankreich mit umgerechnet 1639 Euro an, gefolgt von den Niederlanden (1268 Euro), Belgien (768 Euro) und Österreich (699 Euro). Die Sammelbüchsen bargen aber auch Überraschungen. Vom Hosenknopf und Spielgeld bis hin zu einer Goldmünze sei alles drin gewesen, erzählt Bühne. „Die ältesten Münzen trugen das Bild von Napoleon dem Dritten. Auch ein preußischer Silbertaler von 1861 war dabei.“

Da sich ausschließlich Scheine bei Banken umtauschen lassen, diese aber nur etwa 10 bis 15 Prozent des Sammelguts ausmachten, war logistische Kleinarbeit nötig, um die ausländischen Münzen in bare Euro zu verwandeln. Zumal etliche durch Währungsumstellungen nicht mehr gültig waren. Dreimal fuhr Bühne zur Landeszentralbank nach Köln, bei acht Landeszentralbanken verschiedener Euroländer stellte er Anträge.

Das Gästezimmer ist seit Monaten eine Art "Sierra Leone Bank"

Eine böse Überraschung war, dass holländische und französische Banken Deutschen den Münzumtausch verwehrten. „Aber Gott hat dort für Girokonten gesorgt, auf die eingezahlt werden und dann in Euro wieder abgehoben werden kann“, erzählt Bühne schmunzelnd. 16 Kilogramm holländische Gulden mutierten so zu rund 1000 Euro.Einige Spanienurlauber nahmen jeweils drei bis vier Kilo Peseten mit. Er selbst kaufte die Schweizer Franken für seine Ferienkasse ab, und ein Paket mit dreieinhalb Kilo österreichischen Schillingen wurde kürzlich von einem Ski-Urlauber erworben. Im Wohnzimmer stehen derzeit 42 Kilo französische Francs bankgerecht gerollt für den Abtransport bereit. Helfer holen sie diese Woche ab. Plastiktüten voller dänischer, norwegischer und schwedischer Kronen warten dagegen im Becher Busch noch genauso auf eine Verwendung wie englische Pfund und ungarische Forint. „Und das sind etwa hundert Dollar“, hievt Bühne einen Beutel in die Höhe. Das Papiertütchen voller Zloty will er nicht abgeben: „Weil wir als CVJM in Polen im Sommer eine Freizeit machen.“

Im nächsten Monat will er die heiße Phase des Umtauschs abschließen. Was nicht mehr tauschbar ist, lässt Bühne einschmelzen. Dafür gibt's dann einen Euro pro Kilo. Auch dieses Geld geht nach Kailahun, wo der CVJM Kürten junge Schwarze in Kursen zum Hausbau befähigen will. Die erste Rate aus dem Devisen-Erlös wurde für den Kauf von Maschinen und Werkzeugen verwendet.

Ob Bühne auch weiterhin Münzen sammelt? Er lacht und sagt Nein. „Ich sammle eigentlich Briefmarken.“

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