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Freitag, 2. Januar 2004
    

Bonner General-Anzeiger  

  
Bonner Firma ist in Manila in aller Munde

Die einzige Bambusorgel der Welt wurde vor 28 Jahren von Klais saniert und spielt seither täglich. Rheinländer überzeugten sich vom Klang des Instruments, das jahrelang nicht spielbar war

Von Ute Glaser


Bonn/Las Piñas.Die Bonner Orgelbaufirma Klais ist in einer kleinen Kirche auf den Philippinen in aller Munde. Ihr Name ist auf Postkarten vermerkt, in einem Faltblatt gedruckt und auf einer großen Metalltafel eingraviert. Denn vor 28 Jahren halfen die deutschen Orgelspezialisten etwas zu retten, was die Pfarrkirche St. Joseph in Las Piñas City seither berühmt gemacht hat: ihre Bambusorgel.

42056-1 Das gute Stück hat 1 031 Pfeifen, und dem Instrument kann sogar Vogelgezwitscher entlockt werden. Fotos: Ute Glaser

Sie gilt als einzige Bambusorgel der Welt. Und gespielt wird sie seit ihrer Sanierung jeden Tag. Davon überzeugte sich jetzt eine kleine Gruppe Rheinländer, zu der unter anderem der renommierte Kölner Neurochirurg Professor Jürgen Menzel gehörte, der einer Patientin einen ungewöhnlichen Hausbesuch im Urwald abgestattet hatte. Außerdem war Carmen Rössel-Dapilos dabei, Initiatorin zahlreicher Hilfsprojekte auf den Philippinen und im "normalen" Leben Krankenschwester am Evangelischen Krankenhaus Bergisch Gladbach, einem Akademischen Lehrkrankenhaus der Universität Bonn.

Als gebürtige Philippinin wusste sie von der Einzigartigkeit der Bambusorgel und führte die kleine Reisegruppe vor ihrem Rückflug nach Deutschland zu dem berühmten Instrument, etwa zehn Autominuten vom Flughafen Manila entfernt. Ausländische Touristen waren weit und breit nicht zu sehen, dafür etliche philippinische Schulklassen, die im Schatten picknickten, nachdem sie das Gotteshaus besichtigt hatten.

42057-2 Die Pfarrkirche St. Joseph ist zehn Autominuten vom Flughafen Manila entfernt und berühmt wegen ihrer Bambusorgel.

Neben der Bambusorgel sind auch die Bambusdecke sehenswert, die Muschel-Lampen und die ungewöhnlichen Fensterscheiben, die nicht aus Glas, sondern aus durchscheinenden Muscheln gefertigt sind. Für die deutschen Gäste gab's eine Überraschung: Sie durften die Orgel nicht nur von der Empore aus betrachten, sondern aus aller nächster Nähe inspizieren, so dass sie sogar die komplizierte Wasserführung sehen konnten, die dem Instrument eine Art Vogelgezwitscher entlocken kann. 1031 Pfeifen besitzt die Orgel, davon sind 902 aus Bambus, die übrigen aus Zinn.

Fray Diego Cera dela Virgen del Carmen (1762-1834), spanischer Missionar und erster Pfarrer der zwischen 1797 und 1819 errichteten Kirche, konstruierte die ungewöhnliche Orgel aus den landestypischen Materialien. Acht Jahre dauerte ihr Bau. Ein Experiment, das gelang. Seit 1824 verzauberten die Töne die Einheimischen. Allerdings nicht lange. Schon in den 1880er Jahren ruinierte ein Taifun mit Erdbeben die Bambusorgel. Jahrelang war sie unspielbar, dann nur in einer abgespeckten Version. Die kostbaren Bambuspfeifen schlummerten Jahrzehnte in der alten Sakristei, bis sie 1917 von Touristen wiederentdeckt wurden.

Doch bis zur Restaurierung war es noch ein weiter Weg. Erst 1972 wurde ein Vertrag mit der Bonner Firma Johannes Klais Orgelbau geschlossen und ein Jahr später das Instrument in Einzelteilen nach Deutschland verschifft. Im März 1975 war es dann soweit: Per Flugzeug kam die Orgel zurück, das Einweihungskonzert spielte ein Deutscher. Für die Filipinos war dies solch ein Festtag, dass sie seither alljährlich zu diesem "Geburtstag" ein großes Festival veranstalten.

Seit der Restaurierung erklingt die Bambusorgel täglich. Kirchenorganist Renato Christobal, der seit seiner Kinderzeit in dieser Kirche musiziert, spielt für Besucher und Messen von 9 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 16 Uhr. Die Rheinländer konnten ihn allerdings nicht treffen, weil eine Grippe den über 60-Jährigen zuhause festhielt. Dafür durften sie ausnahmsweise selbst am Instrument Platz nehmen, um die eigentümlich zarten Töne durchs Kirchenschiff schweben zu lassen.

Aber was spielen Orgel-Laien? Es reichte nur zu einem sehr getragenen "Alle meine Entchen".

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