UteGlaser                                                                                                                                                E-Mail                    
Journalistin

 

Donnerstag, 18. Januar 2007

Koelner Stadt-Anzeiger online - www.ksta.de

"Eine Bereicherung für unser Projekt"
"Mensch & Arbeit" rettet die Zustellung der Elternbriefe

Die Kooperation mit dem Verein "Bürger für uns Pänz" sichert den kostenlosen Elternservice in der Kreisstadt.

VON UTE GLASER

Bergisch Gladbach - Briefe in Fächern, wohlsortiert. Briefe in gelben Post-Kisten, gestapelt. Die Poststelle im Erdgeschoss des Hauses Quirlsberg 1 in Bergisch Gladbach sieht aus wie eine ganz normale Poststelle, und doch ist einiges an ihr ungewöhnlich: Zum Beispiel, dass dank ihrer Hilfe die Elternbriefe, ein gedruckter Informations-Service für Eltern in der Stadt, gerettet wurden.

Oder dass hier nicht ein gewerblicher Postbetrieb Hausherr ist, sondern die Evangelische Kirchengemeinde Bergisch Gladbach. Josef Weissenberger, 52 und gelernter Bautechniker, zeigt gerne sein Post-Reich. Er wurde in der Bauwirtschaftskrise 2001 arbeitslos und gehört derzeit zu den 143 Förderjobbern, die bei "Mensch & Arbeit - Förderinitiative RheinBerg" mitarbeiten. Das Förderprojekt ist räumlich im Q1 Jugend-Kulturzentrum auf dem Quirlsberg angesiedelt und deshalb befindet sich diese Poststelle unweit von Kickern und Jugendcafé.

Sie wurde gegründet, um jenen Langzeitarbeitslosen ein weiteres Tätigkeitsfeld zu erschließen, die zum Projekt gehören. "Damals waren gerade zwei Postboten darunter", erinnert sich Thomas Maria Icking an die Anfänge. Er hat mit Elke Hauptmeier die Projektleitung inne. Anfangs stapelten sich in dem kleinen Raum, an dessen Tür der Vermerk "Poststelle" prangt, lediglich die kirchlichen Gemeindebriefe, die vierteljährlich an evangelische Haushalte verteilt werden.

Eine Aufgabe, die zuvor Gemeindemitglieder ehrenamtlich erledigt hatten und für die es immer schwerer wurde, Nachwuchs zu finden. Doch mit der Zeit wuchs der Zustellungsberg. Heute koordiniert Josef Weissenberger, der die Poststelle eigenverantwortlich führt, Botengänge verschiedenster Art: Für die Kirchengemeinde werden Handzettel, Terminankündigungen und Plakate verteilt, für das Q1 Jugend-Kulturzentrum Veranstaltungen plakatiert sowie für das städtische Jugendamt interne Schreiben zu Schulen und Kindergärten befördert.

Diese Aufträge erledige er im Team, berichtet der 52-Jährige. Mal seien sie zu viert, mal zu fünft. Einen Schub bekam die Poststelle (manchen sagen, sie sei in diesem Moment erst richtig gegründet worden), als sie im Mai 2005 für die Stadt Bergisch Gladbach die Zustellung der Elternbriefe übernahm. Diese Info-Schreiben erhalten 1800 Eltern jeden Monat im Stadtgebiet - von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr ihres Kindes. Ein kostenloser Service mit wertvollen Tipps und Hinweisen, die das Heranwachsen begleiten. Die Stadt bezieht die Elternbriefe gratis vom Bundesministerium und muss "nur" für ihre Zustellung sorgen.

Die dafür nötigen 9000 Euro konnte sie jedoch bereits 2004 nicht mehr aufbringen, weshalb damals der örtliche Verein "Bürger für uns Pänz" den Batzen zahlte, um den Elternservice zu erhalten. "Ich hätte es sehr schade gefunden, wenn es den Elternbrief nicht mehr gibt", begründet Vorsitzende Sylvia Zanders, selbst begeisterte Mutter und Großmutter. "Aber es war von Anfang an klar, dass wir die Kosten nur für ein Jahr übernehmen." So drohte 2005 erneut das Aus für den Elternbrief. Doch in letzter Minute gelang die dauerhafte Rettung durch die mustergültige Kooperation von Stadt, Bürger für uns Pänz, Mensch & Arbeit und Behinderten-Werkstätten: Die Stadt liefert Elternbriefe und Anschriften, die Behinderten kuvertieren und adressieren die Post, Mensch & Arbeit stellt sie den Familien zu und Bürger für uns Pänz finanziert die Pkw-Fahrtkosten.

Die Elternbriefe seien "ein großes, kalkulierbares und sinnvolles Arbeitsaufkommen", lobt Thomas Maria Icking. Seine Kollegin fügt an: "Eine Bereicherung für unser Projekt." Die Zustellrouten zu den monatlich 1800 Haushalten haben die Projektleiter gemeinsam mit Josef Weissenberger ausgearbeitet. In großflächigen Gebieten wie Herkenrath und Herrenstrunden bringen die Förderjobber die Elternbriefe mit dem Kirchenauto ins Haus, das so monatlich etwa 450 Kilometer für den guten Zweck rollt. Doch die meisten Strecken erledigen sie zu Fuß, die Briefe meistens im privaten Rucksack geschultert. Dreieinhalb bis vier Stunden dauere so eine Strecke, sagt Weissenberger, der sich darüber freut, dass er oft angesprochen wird.

"Ich dachte, ehrlich gesagt, dass die Leute die Briefe in den Papierkorb werfen." Aber er sei eines Besseren belehrt worden. "Das wird wirklich gelesen." Als im Sommer eine Zeit lang der Nachschub aus Berlin stockte, sei er sogar nach Dienstschluss auf seinen Strecken öfters angesprochen worden, wo denn die Briefe blieben. "Die wurden vermisst." Trotzdem wollen alle Beteiligten es genau wissen. Deshalb gibt es nun eine Umfrage, die klären soll, ob die Elternbriefe immer noch willkommen sind.

www.menschundarbeit-gl.de

^

 
Zurück zu: Archiv   Text-Archiv 2007   Aktuelles