UteGlaser                                                                                                                                                E-Mail                    
Journalistin

 

Mittwoch, 14. Januar 2009

Koelner Stadt-Anzeiger online - www.ksta.de

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Botschafter des guten Ton

Jochen Räke baut mit "Transrotor" Plattenspieler für Liebhaber. Der Gladbacher stellte nach eigener Aussage das teuerste Modell der Welt vor.

Bergisch Gladbach - Wenn Jochen Räke in seinem Dachstudio die Boxen aufdreht, kann es schon mal 3 Uhr nachts werden. Nicht weil er arbeitet, sondern weil er in den Klang seiner Plattenspieler versunken ist und die Stunden plötzlich genauso leicht davonfliegen wie die Töne. Der Tüftler ist Inhaber von Räke Hifi/Vertrieb GmbH und unter seiner Marke „Transrotor“ sind etwa 20 Modelle lieferbar.

Neues Flaggschiff ist „Argos“, das Räke gerade auf der weltgrößten Elektronikmesse in Las Vegas vorstellte. Mit 138.000 Euro sei er „der teuerste Plattenspieler der Welt“, meint der Bergisch Gladbacher. In seiner Schlichtheit erinnert der hüft hohe Turm aus Edelstahl an den Bauhaus-Stil. Zu den Extras gehören die kardanische Aufhängung des Laufwerks – wie beim Schiffskompass – und ein Magnetfeldantrieb, der berührungslos den Plattenteller dreht. Auf ihn wird die Schallplatte nicht einfach nur gelegt, ein Edelstahlring drückt sie stabilisierend auf den Teller.

In diesem Prunkstück stecken 1000 Arbeitsstunden. Das Erfolgsrezept: einerseits zuverlässige Technik, andererseits schlicht-elegantes Design. Das Chassis besteht aus transparentem oder farbigem Acryl, aus Holz oder Carbon. Auf ihm ruht ein Plattenteller aus Acryl oder Aluminiumlegierung, gedreht und durchaus zehn Kilogramm schwer. Ein bis drei Motoren treiben die Masse an, wobei es Jochen Räkes Steckenpferd ist, sie als zusätzlich gestalterisches Moment einzubinden.

So stellt er den Motor schon mal „lose“ wie eine Zuckerdose neben den Plattenteller, nur über Gummiriemen mit dem Chassis verbunden. Und das alles ist die Leistung eines Autodidakten. Jochen Räke, der auf einem Rittergut bei Detmold aufwuchs, studierte Landmaschinentechnik in Köln, weil er die Landmaschinen-Vertriebsfirma seines Vaters übernehmen sollte. Doch stattdessen hängte er nach dem Abschluss für 600 Mark im Monat eine Ausbildung als Radio- und Fernsehverkäufer dran. In diesem Job war er so gut, dass Goodmans, auch Ausstatter der Beatles, ihn für den Lautsprecher-Vertrieb in Deutschland anwarb.

„Es war eine sehr harte Zeit. Nächte durchmachen und so.“ Deshalb wechselte er ein Jahr später, 1971, zum Vertrieb des englischen Plattenspielers Transscriptor und machte sich gleichzeitig mit der Räke Hifi/Vertrieb GmbH selbstständig. Endlich war er in seinem Element. „Die Grundzüge der Mechanik stecken in der Landmaschine wie im Plattenspieler. Da war ich in kurzer Zeit ein Fachmann.“ Er tüftelte auch Verbesserungen für die„absolut grausige“ deutsche Technik aus. „Ich habe versucht, einen komplizierten Vorgang so zu vereinfachen, dass das Ergebnis unkauttbar ist und zuverlässig funktioniert. Und das mache ich bis heute.“

1973 ließ Jochen Räke die Marke Transrotor eintragen, 1976 entwickelte er seinen ersten Schallplattenspieler: den Transrotor AC. „Das war das erste Gerät weltweit, das es in Acrylglas gab.“ Den Plattenteller stabilisierten vergoldete Messinggewichte, die Technik war ezent versteckt und der Motor in einem Gummigehäuse zum Herausnehmen untergebracht. 1982 zog Jochen Räke mit Familie und Firma von Köln nach Bergisch Gladbach. Den durchschlagenden Erfolg brachte sein drittes Modell „Classic“, 1986 für Grundig entwickelt. „So kamen wir über Nacht weltweit in den Verkauf.“ Das Design des Acrylglas-Korpus mit satiniertem Acryl-Teller und vergoldeten Messingschwunggewichten sei bis heute wegweisend.

Zigfach wurde es kopiert. Wurden die Modelle zunächst in England gefertigt, so startete 1986 die Produktion vor Ort. Seit 2007 arbeitet auch Junior Dirk Räke mit im zwölfköpfigen Team. 150 Firmen liefern Materialien und Einzelteile. Wartezeiten von mehreren Wochen sind keine Seltenheit für Käufer. Und wenn das gute Stück mal streikt? Dann repariert Räke seine „Kinder“ mit Originalteilen. Die Klangprobe macht er am liebsten mit Oper oder Rock.

  

Platten-Plus
Der Tonumfang ist laut Jochen Räke bei der Schallplatte höher als bei der CD. Das menschliche Ohr könne bis 30.000 Herz wahrnehmen, so der Hi-Fi-Experte. Die Schallplatte biete diese ganze Ton-Palette inklusive der kaum wahrnehmbaren Obertöne.

CDs und andere elektronische Tonträger endeten dagegen bei etwa 20.000 Herz. Das sei eine Einschränkung und habe zudem einen Nachteil: Das menschliche Gehirn wisse, wie ein Instrument klingt und welche Obertöne zu Geige oder Oboe gehören, deshalb ergänze es bei CD-Musik die dort fehlenden Obertöne. „Das strengt an.“ (ugl)

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