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Journalistin

 

Heft 4/2010 Oktober - Dezember 2010

Herzlich willkommen bei der Rheinisch Bergischen Wirtschaftsförderung mbH

   

Netzwerk Beruf & Pflege/Betreuung: Was tun, wenn Mutter dement wird? Die Evangelische Diakonie in Wermelskirchen geht preisgekrönte neue Wege    
Notfallordner als Hilfe

Gastrotipp: "In Meisterhand" - Steinhof Restaurant, Overath   

   

Wie arbeiten, wenn Mutter dement wird?
„Netzwerk Beruf & Pflege/Betreuung“ in Wermelskirchen: Pilotprojekt erhielt europäischen Förderpreis

Noch ist es ein Tabuthema: die Pflegebedürftigkeit von Eltern, die in den Arbeitsalltag integriert werden muss. Wer kann konzentriert arbeiten, wenn die demente Mutter womöglich durch die Straßen geistert oder der pflegebedürftige Vater die Nachtruhe stört? Die Doppelbelastung von Beruf und Angehörigen-Pflege kostet Arbeitnehmer Kraft, für Arbeitgeber kann sie zu Leistungseinbußen und Fehlzeiten führen. Angesichts des demographischen Wandels ein Problem, das sich verschärft. Die Diakoniestation Wermelskirchen gehört zu den Vorreitern, die Lösungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege entwickeln. Vor allem erprobt sie diese auch in der Praxis, wofür ihr „Netzwerk Beruf & Pflege/Betreuung“ als Förderprojekt des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ausgezeichnet wurde – eine seltene Ehre im Kreisgebiet.

„Wenn man eine pflegebedürftige Mutter hat, die womöglich inkontinent ist, dann erzählt man das nicht so gern in der Firma“, weiß Peter Siebel, Geschäftsführer der Diakoniestation Wermelskirchen. Dabei steige die Zahl derer, die Beruf und Angehörigen-Pflege vereinbaren müssen. „Untersuchungen gehen davon aus, dass zehn Prozent der Arbeitnehmer schon jetzt davon betroffen sind.“ Tendenz steigend angesichts der Überalterung der Gesellschaft. An Lösungswegen hapert es jedoch. Umso positiver fiel auf, was 2008 bei einer Ausschreibung des Landes zum Thema „Familienfreundliche Unternehmen“ aus Wermelskirchen einging: das Projekt „Netzwerk Beruf und Pflege/Betreuung“ in Trägerschaft der evangelischen Diakoniestation. Es wurde als EFRE-Preisträger ausgezeichnet, was konkret die 55-prozentige Finanzierung des Projekts für zweieinhalb Jahre bedeutet, den Rest muss der Träger selbst aufbringen.

            Ziel des 2009 angelaufenen Projekts ist, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu fördern. Denn davon profitieren Arbeitnehmer und -geber gleichermaßen: Der Mitarbeiter wird Zuhause entlastet und so am Arbeitsplatz belastbarer, seine Gesundheit wird erhalten und damit entfallen Fehlzeiten im Betrieb, seine Zufriedenheit steigert seine Leistung und das nützt der Firma. Ein Netzwerk kompetenter Kooperationspartner hilft, das Ziel zu verwirklichen. Cosima Schächinger, Projektleiterin und in Deutschland eine der ersten zertifizierten „Case Manager“ (Fall-Manager) in der ambulanten Pflege, hat vielfältige Einrichtungen und Dienste ins Boot geholt. Die Palette reicht von der Senioren- und Pflegeberatung der Stadt Wermelskirchen über ambulante Pflegedienste bis hin zu Logopäden, Sanitätshäusern und mobilen Fußpflegern. Auch Ehrenamtler sind eingebunden. „Da lassen sich Versorgungslücken kostengünstig schließen.“

            Cosima Schächinger ist Schnittstelle des Netzwerks, bei ihr laufen alle Fäden zusammen. „Welcher mobile Frisör bringt ein eigenes Waschbecken mit?“ oder „Welcher Krankengymnast bietet Bobath-Therapie mobil an?“ Die rührige Wermelskirchenerin weiß oder findet die Antwort. Sie informiert, berät und vermittelt. Alles unverbindlich. „Der Kunde hat freie Wahl.“

            Besonderes Anliegen der 48-Jährigen ist es, Arbeitgeber für das Thema zu sensibilisieren. Deshalb nimmt sie Kontakt zu ihnen auf. Bei 80 örtlichen Betrieben hat sie bereits vorgesprochen. Hat eine Firma Interesse, führt sie eine anonyme Fragebogenaktion durch, um auszuloten, inwiefern Mitarbeiter dort bereits Beruf und Pflege vereinbaren müssen. So etwas sei meistens nicht bekannt, sagt die Fachfrau, „die persönliche Situation geht den Arbeitgeber ja nichts an“. Auf Wunsch informiert sie innerbetrieblich über das Netzwerk-Angebot durch Film, Flyer und Beratung, wobei feste Beratungstermine ihr Wunsch wären – während der Arbeitszeit. „Aber die Chefs, die so familienfreundlich denken, kann ich noch an einer Hand abzählen.“

            Einer, der das Netzwerk schätzt, ist Johannes Schnütgen, Vorsitzender des Stadtmarketingvereins Wermelskirchen und Inhaber von drei Schuhgeschäften im Ort. Er ist als Kooperationspartner aktiv und kommt zum Schuhverkauf auch ins Haus oder Heim. Da seine Mutter vor einem Jahr schwer erkrankte, weiß er aus eigenem Erleben, wie wichtig es ist, berufstätige Angehörige pflegebedürftiger Senioren zu unterstützen, wenn deren Arbeitsalltag weiterhin glatt laufen soll. Er und seine Frau mussten sich zum Teil aus dem Geschäft herausziehen, um die Mutter gut versorgt zu wissen. Zwei Mitarbeiterinnen erlebten Ähnliches, was er mit Stundenreduzierung beziehungsweise Stundenverlagerung flexibel auffing. „Die Mitarbeiter sind unser größtes Kapital. Es ist eine langfristige Investition in sie, denn wichtig ist das Klima im Unternehmen.“

            Cosima Schächinger wünscht sich mehr solcher Arbeitgeber. „Aber es ist ein unangenehmes Thema und das schiebt jeder Unternehmer vor sich her. Da muss ein Wandel in den Köpfen passieren.“ Zumal qualifizierte Arbeitnehmer rarer werden. Wer familienfreundlich nicht nur in Richtung Kinder, sondern auch pflegebedürftiger Eltern denkt, hat womöglich die Nase vorn. Das „Netzwerk Beruf & Pflege/Betreuung“ steht parat. Sein Praxis-Konzept stellt es bereits in anderen Kommunen vor. Läuft die Finanz-Förderung im Sommer 2011 aus, so Peter Siebel, wird es sich hoffentlich selbst tragen: „Das soll eine feste Einrichtung für Wermelskirchen sein.“
Ute Glaser

Kontakt:
Netzwerk Beruf & Pflege/Betreuung
Projektträger: Diakoniestation Wermelskirchen gGmbH
Projektleiterin: Cosima Schächinger
Wirtsmühle 1
42929 Wermelskirchen
Telefon: (0 22 96) 72 38 16
Fax: (0 22 96) 72 38 20
E-Mail: c.schaechinger@diakonie-wk.de   
www.diakonie-wk.de

        

Notfallmappe als Hilfe
Wer erlebt hat, dass ein Angehöriger plötzlich zum Pflegefall wurde oder gar starb, weiß, was viel Zeit und Nerven kostet: der Papierkram. Welche Versicherungen, Konten, Fahrzeuge gibt’s? Wo liegt welches Dokument? Da ist Sucherei nötig. Cosima Schächinger, Projektleiterin „Netzwerk Beruf & Pflege/Betreuung“, hat in monatelanger Sisyphusarbeit eine Notfallmappe kreiert, die damit Schluss macht – sofern sie rechtzeitig ausgefüllt wird.
            Das dicke Ringbuch enthält alle relevanten Themen und bietet zu ihnen Vordrucke, auf denen sich notieren lässt, was Angehörige wissen müssen: Notfallnummern, persönliche Daten, Angaben zu Rente und Finanzen, Wichtiges zu Versicherungen und Wohnung. Zu jedem Kapitel gehört eine Dokumentencheckliste inklusive einer Spalte für die Aufbewahrungsorte der Dokumente. Auch Tipps sind enthalten, beispielsweise zur Patientenverfügung. Last not least: eine Checkliste für den Todesfall inklusive Merkblatt für Seebestattungen.
            Das Ringbuch, in das sich Dokumente mittels Klarsichthülle praktisch einfügen lassen, ist seit Juni 2010 für 18,50 Euro erhältlich. Jeder kann es telefonisch bei der Diakoniestation Wermelskirchen bestellen, abgeholt werden muss es persönlich. UG

   
    

In Meisterhand
Steinhof Restaurant in Overath bietet mehr als Balkanküche

Bequeme Stühle, weißgekalkte Mauerbögen, terrakottafarbene Wände und schmiedeeiserne Lampen: Das Steinhof Restaurant im Herzen von Overath strahlt Gediegenheit aus. Eine rustikal-mediterrane Atmosphäre ist es, die den Gast empfängt, und die hübsch drapierten Stoffservietten verraten gleich, worauf der Chef neben frischer, ehrlicher Küche Wert legt: auf Stil und Service. Deshalb kehrt auch der Bürgermeister hier gern ein.

Die dicken Mauern haben Tradition. 1662 wurden sie dort erbaut, wo schon 1282 ein Rittersitz gestanden hatte. Immer noch grüßen die Wappen der Familien Wylich und Stael von Holstein über der Tür. Seit etwa hundert Jahren, erzählt Chef Cedomir Stojanovic, gebe es eine Gaststätte in dem Haus, das jetzt der Stadt Overath gehört. Als ihr Pächter übernahm der gebürtige Bosnier die Gastronomie 2007, wobei er genau wusste, worauf er sich einließ: Er hatte im Steinhof als Kellner gearbeitet, bevor er sich in Overath-Immekeppel mit dem Restaurant Haus Stegmann selbstständig machte. Als dies zu klein wurde, übernahm er mit seiner Familie den Steinhof. Ihn reizten die vielfältigeren Möglichkeiten, darunter Bewirtung des Bürgerhauses, Biergarten, Kegelbahn und ein inzwischen florierender Mittagstisch.

            Balkanspezialitäten mischen sich mit internationaler Kost. Die Gäste wählen aus der Standardkarte, die auch Kinder- und Seniorengerichte anbietet, oder aus der wechselnden Saisonkarte. Renner ist der „Steinhof-Teller“ (12,20 Euro), der guten Essern Steak, Kotelett, Hacksteak, gebratenen Speck, Pommes Frites und Djuwetschreis kredenzt. „Das läuft zu 80 Prozent“, verrät der Chef. Aber auch Cevapcici, gebratene Leber und Raznjici sind beliebte Balkan-Klassiker. Oder warum nicht mal den schinkenkäsegefüllten „Lustigen Bosniak“ (13,20 Euro) probieren? Für andere Geschmäcker bietet das Haus Schnitzel „Wiener Art“ (9,30 Euro), Cordon Bleu (12,20 Euro) oder Lamm-Medaillon (13,90 Euro), außerdem diverse Rumpsteak-Angebote, die saftig à la Steakhaus vom Spezialgrill kommen. Clou ist das 400-Gramm-Steak mit Beilage, Vor- oder Nachspeise für 26,50 Euro. Zudem bietet die Karte stets Salate, Puten- und Fischgerichte (Tintenfisch in Knoblauchweinsoße mit Salzkartoffeln, 13,20 Euro). Wer dazu Wein wünscht, kann zwischen sechs Positionen und drei offenen Weinen wählen.

            Cedomir Stojanovic legt auf frische Zubereitung und Zutaten wert, verarbeitet wird nur argentinisches Steakfleisch. Und Feta-Käse ist hier selbstverständlich echt: aus Schafsmilch hergestellt und nicht – wie vielerorts aus Kostengründen üblich – aus billigerer Kuhmilch. Die Gäste sollten wissen, was sie essen, ist ein Credo des Chefs. Deshalb spickt er die Speisekarte mit Produktinfos über Vitamine, Folsäure oder über den Rotbarsch, der nur 3,6 Prozent Fett enthält. Er selbst ist als Restaurantfachmann verbriefter Meister seines Fachs und hat stets einen Auszubildenden unter seinen Fittichen. Ehefrau Rada sorgt als Küchenchefin dafür, dass alles schmackhaft auf die Teller kommt, wobei viele Rezepte „aus der Heimat, von der Ausbildungsschule“ stammen. Sohn Bojan ist als Restaurantfachmann seit Mai 2009 mit im Boot und weitere fünf Mitarbeiter sorgen dafür, dass die Gäste sich in gepflegter Atmosphäre wohlfühlen. Und die nächste Familiengeneration wächst bereits heran.
Ute Glaser

Kontakt:
Steinhof Restaurant
Familie Stojanovic
Hauptstraße 30
51491 Overath
Telefon & Fax: (0 22 06) 78 87
info@steinhof-restaurant.de  
www.steinhof-restaurant.de

Öffnungszeiten: Montag und Mittwoch bis Sonntag 11.30 bis 14.30 Uhr und 17 bis 23.30 Uhr, Dienstag Ruhetag
120 Plätze im Restaurant, 60 Plätze im Biergarten unter Bäumen, Kegelbahn, Bewirtung im Bürgerhaussaal, Büfetts außer Haus
Besonderheit: werktags und samstags fünf Mittagsgerichte, je 6,80 Euro inklusive Suppe und Salat, wöchentlich wechselndes Angebot, im Internet als Download

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