UteGlaser                                                                                                                                                E-Mail                    
Journalistin

 

Heft 3/2007 Juli - September 2007

Herzlich willkommen bei der Rheinisch Bergischen Wirtschaftsförderung mbH

Aus der Sozialhilfe florierenden Laden gegründet: Odenthaler Blumenzauber   

Was ziehe ich bloß an? Feinstil in Bergisch Gladbach beantwortet die Fragen aller Fragen - und räumt auf Wunsch im Kleiderschrank mal auf  
Männer & Anzug: Tipps von Feinstil für den gut gekleideten Mann    

Erstes Wohnhaus, das mit Pflanzenöl beheizt wird: Erstes Narohaus Deutschlands steht in Kürten - Montag & Rappenhöner betreiben es mit dem Raps-Dachs   

   

„Ich stecke mir immer kleine Ziele“

Odenthaler Blumenzauber: Florierender Laden wurde von der Chefin aus der Sozialhilfe heraus gegründet

Bei Ursula Baumgartner grünt und blüht es. In ihrem „Odenthaler Blumenzauber“ gedeihen Orchideen und Hornveilchen, leuchten Equador-Rosen und Lilien und ziehen phantasievolle Sträuße die Blicke auf sich, in die Äste, Rinde oder andere Fundstücke aus der Natur eingebunden sind. Der Floristik-Betrieb, kundenfreundlich mit eigenem Parkplatz im Herzen Odenthals an der Altenberger-Dom-Straße gelegen, floriert. Kaum einer weiß, dass dieses Blumenparadies durch zähen Willen, viel Initiative und Courage der Chefin entstand. Sie, die jetzt eine Angestellte und vier Honorarkräfte beschäftigt, hatte sich vor der Firmengründung mit Sozialhilfe durchschlagen müssen.

„Ich stehe dazu, was war“, blickt Ursula Baumgartner mit klaren Augen zurück. Aber nur kurz, denn sie ist jemand, der nach vorne schaut. Fast liebevoll betracht sie das alte Fachwerkhaus, in das sie neues Leben gebracht hat und das auch ihr Leben hat aufblühen lassen. „Ich bin unglaublich stolz darauf. Und ich möchte gerne anderen helfen mit dem Wissen, das ich habe.“ Deshalb hat sie keine Hemmungen von der Zeit zu erzählen, als sie auf den Fluren des Sozialamts saß. Sie weiß ja, dass es einen Ausweg und eine Perspektive für sie gegeben hat – und damit vielleicht auch für andere, die ihr Leben so tatkräftig in die Hand nehmen wie sie.

Anfangs lief alles rund im Leben der Ursula Baumgartner. Sie wuchs in Schildgen in einem intakten Elternhaus auf, lernte nach der Mittleren Reife in Köln Floristin und war von 1982 bis 1992 beim Gartencenter Selbach in Bergisch Gladbach angestellt – bis auf die Auszeit in der sie ihren Meister-Abschluss machte. Sie leitete die floristische Abteilung, bis sie Mutter wurde, und übte den Beruf dann nur noch stundenweise in verschiedenen Betrieben aus. Die große Krise kam 1996, als ihre Ehe endete. „Ich stand vor dem Nichts.“ Die Konten waren blank, die Kinder drei und vier Jahre alt, Unterhalt hat sie bis heute keinen Cent gesehen. Eine „ganz schlimme Erfahrung“ sei es gewesen, plötzlich auf das Sozialamt angewiesen zu sein, erzählt die 44-Jährige. „Ich bin nur froh, dass das meine Kinder nicht erlebt haben. Allein die Gerüche, der Alkoholdunst im Flur...“ Ihr Glück im Unglück war, dass ihre Eltern fit genug waren, bei diesen Terminen, auf die Kinder aufzupassen. Auch dann, als sie eine kleinere Wohnung und Arbeit suchte. Der Mann vom Amt habe damals gemeint, die Kinder seien noch so klein, dass sie gar nicht arbeiten müsse. Doch mit dieser Einstellung lag er bei Ursula Baumgartner ganz falsch: „Ich möchte ja nicht ewig zum Sozialamt gehen, ich möchte mich da rausstrampeln“, habe sie ihm erklärt – und ihre Stimme klingt immer noch so entrüstet wie damals. „Das Leben mit Sozialhilfe war sicherlich ruhiger mit den Kindern“, vergleicht sie das heutige Leben. „Aber ich bin jetzt viel zufriedener. Ich wurde ja immer überprüft, musste alle naselang Rechenschaft ablegen. Auch der Gedanke, dem Vater Staat auf der Tasche zu liegen, war mir unerträglich.“

Ihr war es egal, wenn Bezüge gekürzt wurden, weil sie arbeitete. Ihr war es wichtig, den Fuß in der Tür zu haben und Kontakte zu knüpfen, um eine Arbeit zu finden, von der sie und die heute 14 und 15 Jahre alten Kinder würden leben können. Letztlich ist genau das eingetreten. Ihre Rechnung ging auf – in Odenthal. Dort jobbte sie in einem Blumenladen, dessen Chefin 2000 erklärte, sie werde Ende 2002 das Geschäft schließen. Das war wie ein Samenkorn, aus dem Ursula Baumgartners Unternehmertätigkeit wuchs. „Mensch, das könnte mein Sprungbrett sein“, habe sie sich damals gesagt. Das floristische Know-How besaß sie, das geschäftliche schulte sie schnurstracks in einem Existenzgründerinnen-Seminar und für Finanzgespräche holte sie sich die Bergisch Gladbacher Unternehmensberaterin Angelika Nolting an die Seite. So gewappnet übernahm die Sozialhilfeempfängerin zum 1. Januar 2003 den Odenthaler Blumenladen.

„Ich wollte mein eigenes Erscheinungsbild haben“, erinnert sich die 44-Jährige an den Start in die Selbstständigkeit. Deshalb war ihr dreierlei wichtig: neuer Name, neues Sortiment, neue Optik. Die Geschäftsräume ließ sie von Profis gestalten, die Nebenräume strich sie selbst. So begrüßte der „Odenthaler Blumenzauber“ die Kunden mit sonnig gestrichenen Wänden, bot neu den Fleurop-Service an und führte ab sofort auch Accessoires und Deko-Artikel. „Das schlug ein wie eine Bombe!“ Sie habe nur die Arbeitstische übernommen, berichtet die Chefin, während sie im Nullkommanichts darauf einen Strauß bindet. „Schnelligkeit ist keine Hexerei“, kommentiert sie lachend verblüffte Blicke.

Dass der liebevoll gestaltete Laden wächst und gedeiht, ist der kreativen und handwerklich versierten Arbeit genauso zu verdanken, wie dem guten Teamgeist. Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Mitarbeiterin einen Kofferraum voll Naturfunden bringt, die sie beim Spazierengehen gesammelt hat, um sie in ideenreiche Sträuße und Kränze einzubinden. Basis des Erfolgs ist außerdem erstklassige Ware. Per Fax bestellt, werden frische Blumen täglich ans Geschäft geliefert. Zweimal die Woche fährt eine Mitarbeiterin zudem auf den Kölner Großmarkt. Die Geschenk- und Dekorationsartikel kauft Ursula Baumgartner am Niederrhein oder auf Messen. „Ich wollte mich von den anderen Läden abgrenzen.“ Den höheren Aufwand nimmt sie in Kauf. „Das Weihnachtssortiment für 2007 habe ich schon im März geordert.“ Das wird sie vor allem bei der Adventsausstellung feilbieten, die sie seit Ladenöffnung alljährlich im Hof durchführt. „Man muss was bewegen“, begründet sie ihr Engagement. „Man kann sich nicht hinsetzen und warten, dass was passiert. Wir sind immer am Ball.

Trotzdem hat es die 44-Jährige, die seit 2004 auch privat in Odenthal lebt („Kleine Wege sind wichtig“) hinbekommen, sich Freiräume für die Kinder zu schaffen. „Ich muss schauen, dass ich es kombiniert kriege: hier meine Frau stehen und zuhause meine Mutter. Ich will nicht, dass die Kinder irgendwo in der Stadt rumhängen.“ Deshalb ist sie morgens immer, nachmittags aber nur manchmal im Laden. Ihr ist es wichtig, dass die Familie mittags um den Tisch sitzt und die Kinder nach der Schule ein vernünftiges Essen bekommen. Dafür kocht sie täglich frisch und hat an diesem Morgen schon um 6 Uhr früh die Kartoffeln halb gar gekocht. „Damit es nachher schneller geht.“ Samstags wird der Essensplan gemacht und zwei Einkäufe die Woche müssen reichen. Organisation ist alles.

„Es ist oft schwierig, beides unter einen Hut zu kriegen – mit so pubertierenden Kindern. Natürlich komme ich zwischendurch an meine Grenzen. Aber dann sehe ich auch wieder Licht.“ Zweierlei hilft ihr in schwierigen Momenten: zum einen der Satz ihres Onkels „Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, dann kommt von irgendwo ein Lichtlein her“, zum anderen ihr Prinzip der kleinen Schritte. „Ich stecke mir immer kleine Ziele. In kleinen Schritten kann man auch einen Berg erklimmen. Das ist unser Leben hier, das muss laufen.“

Und der „Odenthaler Blumenzauber“ läuft so gut, dass Ursula Baumgartner schon mehrfach Angebote erhielt, andere Läden aufzumachen. „Ich habe alles abgelehnt. Möglicherweise mache ich es später, dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Ich mache lieber eine Sache richtig, als zwei halbe Sachen.“ Dass sie alles richtig macht, hat ihr jetzt eine freiwillige Überprüfung ihres Geschäfts durch eine Unternehmensberatung bewiesen. Sie bekam sogar – dank der Unterstützung der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft – vom Land NRW die Hälfte der Kosten dieses Checks erstattet. Die Sozialamtszeit im Kopf habend, geht Ursula Baumgartner kein finanzielles Risiko ein. „Ich habe mir ausgerechnet, was brauche ich – das ist mein Unternehmerlohn. Und alles andere bleibt im Geschäft. Das existiert für mich gar nicht. Finger weg! Da würde ich nie rangehen. Wer weiß, was kommt.“ Da ist sie konsequent „Auch ich muss für meinen Urlaub sparen und jeden Monat was dafür weglegen.“ Sie weiß, was sie will und sie hat gelernt, sich durchzusetzen. Diejenigen, die ihr die Selbstständigkeit nicht zutrauten, hat sie Lügen gestraft. „Jeden Abend mache ich meine Buchführung, jeden Abend meinen Kassenbericht.“ Sie führt Listen über jeden Tag, die ihr verraten, welche Blumen geordert und verkauft wurden und dass sie beispielsweise Muttertag 2006 ausverkauft war. „Ich bin ein Planungsmensch. Ich mache immer Pläne und bereite mich auf alles vor.“ Am liebsten auf die Zukunft.
Ute Glaser

Kontakt:
Odenthaler Blumenzauber
Ursula Baumgartner
Altenberger-Dom-Straße 25
51519 Odenthal
Telefon + Fax: (0 22 02) 74 04

Öffnungszeit: montags, dienstags, donnerstags und freitags 8 bis 18.30 Uhr, mittwochs 8 bis 12.30 Uhr, samstags 8 bis 13 Uhr, sonntags 10 bis 12 Uhr

  
   

Was ziehe ich bloß an?

„Feinstil“ beantwortet individuell die Frage aller Fragen und hilft Mann wie Frau, sich stilsicher von Kopf bis Fuß zu kleiden

Was ziehe ich bloß an? Die Frage ist dieses Mal besonders drängend, weil ein Termin mit einer Fachfrau in Sachen Kleidung und Accessoires ansteht: Anna Bingemer-Lehr hat sich auf Stil und Einkaufsberatung mit ihrer Bensberger Firma „Feinstil“ spezialisiert. Auf Wunsch durchforstet sie Kleiderschränke, berät in Sachen Garderobe oder steht beim Einkauf sachkundig zur Seite. Sie schaut genau hin – sicher auch beim journalistischen Gegenüber. Ich entscheide mich für die schwarze Samtjeans, einen Gürtel mit fetter Silberschließe und ein leuchtend pinkes Pullijäckchen. Dazu schwarze Stiefeletten, schwarzer Ledermantel und rosa Schal. Mal hören, was die Fachfrau sagt...

Jeder kennt es: Das Teil, das nie angezogen wird, aber „eigentlich ganz schön“ ist. Das Stück, das nach dem Kauf noch kein einziges Mal getragen wurde. Den Anlass, zu dem im Kleiderschrank einfach nicht das Passende zu sein scheint. Oder die Lieblingsfarbe, in der auch noch das sechste T-Shirt gekauft wird – allerdings mit einem Anflug von schlechtem Gewissen, weil schließlich auch mal eine andere Farbe „dran sein“ könnte. Mit all diesen Unsicherheiten und Problemen wird Anna Bingemer-Lehr im Nu fertig. Die 45-jährige Bensbergerin hat sich mit ihrer Firma „Feinstil“ auf all das spezialisiert, was Männer und Frauen am Kleiderschrank quält und unsicher macht. Sie räumt auf mit Vorurteilen, Fehlkäufen und unvorteilhafter Garderobe – buchstäblich auch im Kleiderschrank.

Wer zu Anna Bingemer-Lehr kommt, kann ein ganz konkretes Anliegen haben wie „Ich möchte an meinem 60. Geburtstag blendend aussehen“ oder „Ich möchte mich bei dem Firmen-Event klassisch, aber nicht uniform kleiden“. Es kann sich auch um ein generelles Thema handeln wie „Ich finde, ich sehe immer langweilig aus“ oder „Für Röcke habe ich zu dicke Beine“. In jedem Fall gibt’s eine ganz individuelle Beratung. „Ich gucke bei jedem neu hin“, sagt die Fachfrau. „Ich gebe keine Gebrauchsanweisung.“ Anstatt mit Faustregeln über einen Kamm zu scheren, hilft sie ihren Kunden einfühlsam mit persönlichen Anregungen und Tipps weiter. Denn letztlich komme es nicht nur auf Größe, Haar- und Hautfarbe an, sondern auch darauf, was für ein Typ jemand sei. Das Äußere müsse stimmig zum Inneren sein und die Persönlichkeit unterstreichen.

Das große Plus der 45-Jährigen ist, dass sie in beiden Bereichen Erfahrung hat: im äußeren der Mode und Trends genauso wie im inneren der menschlichen Vorlieben und Eigenheiten. Sie hat – nach abgebrochener Schullaufbahn in Deutschland – einen prima Abschluss als Modedesignerin in den USA gemacht. „Ich habe schon als Kind geguckt, was macht Yves St. Laurent, und habe Modemagazine durchgeblättert.“ Nach der Rückkehr in die deutsche Heimat arbeitete sie zunächst als Raumausstatterin in Hannover, kam dann mit 24 Jahren der Liebe wegen zurück in ihre Geburtsstadt Köln, wo sie im Einkauf eines großen Kaufhauses angestellt wurde. Nebenher kreierte sie freiberuflich in der eigenen Schneiderei Mode vom Rock bis zum Abendkleid. Doch irgendwann hatte Anna Bingemer-Lehr genug von der Nähmaschine und verbannte sie auf Nimmerwiedersehen.

Was blieb, war ihr Interesse an Mode, Trends und Styling, das sie bei „Feinstil“ einbringt. Was neu hinzu kam, war ihr Interesse am Innern des Menschen: Seit 2000 ist sie ausgebildete  Gestalttherapeutin, seit 2005 zudem Heilpraktikerin für Psychotherapie – beides mit eigener Praxis für Psychotherapie in Bensberg, wo sie seit zehn Jahren mit Mann und zwei Kindern lebt. „Mich hat das Beratende angesprochen“, erklärt sie die neue Lebensfacette, die in Kombination mit dem Mode-Knowhow zur idealen Basis von „Feinstil“ wurde – gegründet im Herbst 2006.

„Mein Bestreben ist es, mich auf den Kunden einzustellen, herauszubekommen: Wo möchte er oder sie hin?“, sagt die Bensbergerin. „Ich gucke, was könnte passend sein. Was will der Kunde ausdrücken, welche Seite will er stärken?“ Sie findet heraus, welche Marken zu jemandem passen, welche Farben, welcher Stil – bis hin zu Frisur, Make up und Brille. Eine Beratung von Kopf bis Fuß. Dabei stülpt sie niemandem etwas über. Die klassisch-konservativ gekleidete junge Frau im Faltenrock mit grauem Kaschmirpulli würde sie keinesfalls „in eine ausgeflippte Jeans von Girbaud“ stecken. „Ich würde nie eine Veränderung um 180 Grad machen.“ Die kleinen Details sind es, mit denen sie beginnt. Eine ungewohnte Farbe oder ein originelles Accessoire.

Eine Möglichkeit, von Anna Bingemer-Lehrs Stilsicherheit und Tipps zu profitieren, sind ihre Workshops – im Herbst wieder in Bergisch Gladbach und Köln. Zu ihnen können die Teilnehmer Kleidungsstücke mitbringen, die sie besonders schätzen oder kaum tragen. Wie die 59-jährige Bergisch Gladbacherin, die unlängst in solch einer Runde die dunkle Bluse präsentierte, die ihr Mann von einer Reise mitgebracht hatte. „Ich bin froh, dass sie euch auch nicht gefällt“, zeigte sie sich sichtlich erleichtert. Und die Frage Anna Bingemer-Lehrs „Wohin kommt sie?“ quittierte sie mit einem fröhlichen „Nach Prag zu meinen Verwandten!“. Die Fachfrau riet der Blondine, mehr Rosa-Töne zu tragen. Einer anderen Dame empfahl sie durchaus kürzere Röcke: „Sie haben eine schön geformte Wade. Tragen Sie das. Das ist schön.“

Wer eine noch individuellere Beratung möchte, kann private Termine mit der Modefrau vereinbaren. „Ideal ist, dass derjenige sagt: Kommen Sie erst mal zu mir nach Hause.“ Zum Kleiderschrank-Check. So erhält der Kunde Bestätigung für vieles, was da ist, und Anna Bingemer-Lehr kann sich ein Bild von dem machen, was fehlt oder fehl am Platze ist. „Ich gucke jedes einzelne Teil an, lasse manches auch anziehen.“ Danach heißt es: Das bleibt, kommt weg, wird verpackt auf Seite gelegt oder geändert. Hier kommt ihr die eigene Näh-Erfahrung sehr zugute, die ihr sagt, was machbar ist. Ist erst einmal Ordnung im Kleiderschrank eingekehrt, sieht die Modewelt oft schon anders aus. „Wenn etwas stimmig strukturiert ist, kann das entlastend sein.“ Der Ergebnis sei meist gar nicht schlecht, „aber es fehlt oft das verbindende Element, so ein Brückenteil.“ Habe jemand viele schöne Oberteile und passende Schuhe dazu, könne das verbindende Element beispielsweise eine vielseitig einsetzbare Blazerjacke sein. Bei der Suche nach solch einem Stück hilft Anna Bingemer-Lehr gern. Ihre Kunden müssen sich nicht im Shop-Dschungel verlaufen, sondern sie lotst sie zu den wenigen Geschäften, in denen sie bereits einige Tage zuvor eine Vorauswahl hat weghängen lassen. Das erspart den Kunden Frust bei der Suche und viel Zeit.

 Auch für Unternehmen und Selbstständige ist das Fachwissen von „Feinstil“ nützlich, zum Beispiel wenn es darum geht, die Mitarbeiter einheitlich zu kleiden oder eine Outfit-ID zu erarbeiten. In jedem Fall, sagt die 45-Jährige, sei eine der spannendsten Herausforderung ihres Berufs, Kritik und Anregungen gut zu verpacken. Sie müsse genau das benennen, wo sie Handlungsbedarf sehe, aber erreichen, dass das Gegenüber „offen bleibt und nicht zuklappt wie eine Muschel“. Dass der Rat der Fachfrau leichter angenommen wird als der mancher Freundin, liegt nicht nur an ihrer Kompetenz, sondern auch daran, dass sie stets eine positive Alternative nennen kann. „Superwichtig ist für die Kunden, aus dem diffusen ,Ich weiß nicht’ herauszukommen und konkret zu sagen, was ihnen Mühe macht.“ Das könne die Form der Beine genauso sein wie die ungeliebte Mitarbeiter-Montur oder das Gefühl, zu alt für etwas zu sein. „Das Heikelste ist, wenn ich merke, die Kunden hängen an einer Jugend, die de facto vorbei ist – und das zu benennen.

Ich habe Glück, mein Outfit hält den Fachaugen stand. „Total stimmig“ lautet das Urteil. Der Gürtel sei ein Hingucker, das Oberteil „mit der Hammerfarbe“ ein guter Kontrast. Nur der rosa Schal sei zu viel. Weglassen, rät Anna Bingemer-Lehr. Oder ersetzen durch einen schwarzen, dann allerdings aus einem Material wie Pannesamt, das Lebendigkeit bringt.
Ute Glaser

Kontakt:
Feinstil
Anna Bingemer-Lehr
Welscher Heide 23
51429 Bergisch Gladbach
Telefon: 0173/ 519 66 12
info@feinstil.de
www.feinstil.de

   

Männer & Anzug
Beim Schuh fängt’s an
Männer sind zurückhaltender, wenn es um Tipps zum Styling geht. „Wenn, dann geht es über die Business-Schiene“, hat Anna Bingemer-Lehr beobachtet. Etlichen Männern sei es inzwischen ein Anliegen, auch optisch in der Geschäftswelt zu punkten. Dabei sei oft die Frage: „Wie kann ich von dem Einheitslook einen kleinen Sitestep machen, um Individualität zu demonstrieren, aber ohne aus dem Raster herauszufallen?“ Es sei zunehmend wichtig, Persönlichkeit zu zeigen und trotzdem den Konventionen entsprechend gekleidet zu sein.

Für die punkt.RBW nimmt die Bensbergerin den alljährlichen Neujahrsempfang des Rheinisch-Bergischen Kreises als Anlass für einige Tipps:

  • „Da bleiben wir beim klassischen Anzug.“ Und zwar in gedeckten dunklen Farben. Es könne ruhig das Modell sein, das bereits im Schrank hänge. Lediglich kreative Berufe – zum Beispiel aus den Bereichen Kunst und Mode – hätten „mehr Möglichkeiten“, was das Outfit angehe.
  • Wichtig sind für die Fachfrau schöne Schuhe. „Ich finde, das ist ein Stiefkind bei Männern. Bei den Schuhen wird es ganz oft billig.“ Dabei sein ein schöner Schuh etwas, womit Mann sich unterscheiden könne. „Ein gut gemachter Herrenschuh kostet mehrere hundert Euro. Er ist eine Investition, weil über ihn ganz viel Klasse ausgedrückt werden kann.“ Bei guter Pflege halte er Jahrzehnte. Braune oder schwarze? „Am besten beide.“ Ansonsten eher schwarze.
  • Das Hemd kann für einen Akzent sorgen – durch Farbe oder Streifen. Auch uni ist okay. „Ich achte sehr auf den Kragen.“ Denn verschiedene Kragenformen unterstreichen subtil den Stil des Trägers. Der Button-down-Kragen ist sportlicher und zugleich strenger als der Haifischkragen, der seinerseits Offenheit signalisiert.
  • „Der größte Hingucker ist die Krawatte.“ Auch klassische Modelle in Uni oder Streifen würden durchaus durch „ganz tolle Farbkombinationen oder Materialien“ den Eindruck vermitteln: Das ist mal was Neues.
  • Manschettenknöpfe zum Hemd sind eine Möglichkeit, Persönlichkeit zu zeigen. „Das ist ein sehr schönes, edles Detail bei Männern.“

  
   

Erstes Haus, das mit Pflanzenöl beheizt wird

In Kürten steht das erste Narohaus Deutschlands – Montag & Rappenhöner betreiben es mit dem Raps-Dachs

Regenerative Energien sind für viele Menschen eine Lösung, um mit unserer Erde verantwortlicher umzugehen. Denn Rohstoffe sind kostbar, der CO2-Ausstoß ist bedrohlich hoch und der Klimawandel nicht mehr aufzuhalten. Eine Alternative zu Öl und Gas bietet das Narohaus: „Naro“ steht für „nachwachsende Rohstoffe“, die ein solches Haus mit Energie versorgen. Das erste Narohaus Deutschlands steht in Kürten und wurde im Mai 2007 offiziell eröffnet. Hier sorgt Raps-Pflanzenöl für Wärme und Strom.

Der Dachs schnurrt in der Ecke. Kein pelziges Tier, sondern ein metallener Kasten. Er ist das Energieherz des Wohn- und Geschäftshauses Talblick 2 in Kürten. In seinem Innern werden Wärme und Strom für die drei Mietwohnungen und den großzügigen Ausstellungsbereich der Firma Montag & Rappenhöner erzeugt. Seit elf Jahren gibt es vom Hersteller Senertec den Dachs, der durch Kraft-Wärme-Kopplung besonders effektiv ist. Seit sechs Jahren vertreibt ihn das auf Heizung, Bäder und Solartechnik spezialisierte Kürtener Unternehmen. Doch ganz neu ist das, was sich Interessierte im Talblick 2 anschauen können: Dieser Dachs heizt mit Raps-Pflanzenöl statt mit Öl oder Gas.

In diesem Frühjahr ging der Raps-Dachs in Serie – nach zweijähriger Testphase. Die Geschäftsführer Michael Montag und Michael Rappenhöner waren von ihm so begeistert, dass sie Vorreiter wurden: Bereits im Oktober 2006 installierten sie das Vorserienmodell in dem Gebäude, das Michael Montag vor zwölf Jahren gekauft hatte und das aus einem alten Fachwerkkern mit zwei Anbauten besteht. Früher war dort unter anderem das beliebte Lokal „Zum musikalischen Wirt“ untergebracht. Bisher hatten vier normale Gasetagenheizungen für Wärme gesorgt. Seit September bullert nun der Dachs. „Er läuft optimal in einem Stück durch und versorgt alles mit Wärme und Strom“, freut sich Michael Montag. Über 3000 Betriebsstunden hat er hinter sich und dabei über 16 000 Kilowattstunden „grünen“ Strom erzeugt. „Alles absolut CO2-frei!“ betont Michael Rappenhöner.

5000 Liter Rapsöl lagern in Tanks. Ganz normal über den Heizstoffhändler beziehbar. Ein Liter Pflanzenöl entspräche fast einem Liter herkömmlichem Heizöl, sagen die Narohaus-Vorreiter. Eingebaut haben sie den Raps-Dachs aus eigener Begeisterung für regenerative Energien und „um zu zeigen, dass es auch anders geht“. Michael Montag: „Es gibt viele Kunden, die wollen weg vom Öl und Gas.“ Zum einen weil sie unabhängig vom internationalen Öl- und Gasmarkt sein wollen, zum anderen weil sie etwas für die Umwelt tun möchten und nicht zuletzt weil sie gern Geld sparen. Denn mittel- bis langfristig ist der Raps-Dachs bares Geld wert. Im Narohaus Talblick 2 spare er pro Jahr 2000 bis 2500 Euro an Heiz- und Stromkosten, berichtet Michael Montag. „Die Mieter haben 15 Prozent weniger Heizkosten.“

Möglich macht das die Technik. Der Motor verbrennt das Rapsöl, die dabei entstehende Wärme heizt das Haus und nebenbei erzeugt der Generator Strom: 5,5 Kilowattstunden. Was davon nicht selbst genutzt wird, wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist und derzeit mit 19,17 Cent pro Kilowattstunde vergütet – plus Mehrwertsteuer. Die Kraft-Wärme-Kopplung ermögliche eine „fast hundertprozentige Nutzung von Strom und Wärme“, führt Michael Montag aus. Und sein Kompagnon Michael Rappenhöner führt vor Augen, dass das hierzulande eine Seltenheit ist: „Stromversorgung in Deutschland von der Erzeugung bis zur Steckdose, das bedeutet 65 Prozent Energieverlust.“ Nur 35 Prozent der erzeugten Energie werde genutzt, der Rest verpuffe – zum Beispiel in Gestalt der riesigen Wolken über Kühltürmen. „Allein mit denen könnte man Deutschland 2,3 mal beheizen!“

Wer sich für das Heizen mit Rapsöl entscheidet, braucht keine großen baulichen Änderungen vorzunehmen. Schon für ein 140-Quadratmeter-Haus lohne sich die Anschaffung, meinen die Unternehmer. „Je größer der Energiebedarf ist, desto größer ist der Spareffekt.“ Die Anschaffung ist allerdings zunächst teuer. Investitionskosten von 25000 bis 30000 Euro fallen an. Doch die Kürtener Heizungsmänner haben auch dafür einen Tipp: Die KFW Förderbank gewährt allen, die eine neue, energieeffizientere und CO2 sparende Technik in ihr Haus einbauen, Kredite zu 2,4 bis 3,5 Prozent Zinsen auf zehn Jahre Laufzeit. „Das haben wir bei unserem Raps-Dachs auch gemacht.“ Der brummt dieweil vor sich hin. Er ist das Highlight der Ausstellungsräume, in denen sich Holzpellets, Stückholzkessel, Solaranlagen und Kesselkamine ein Stelldichein geben. Der Dachs verschlingt das hellgelbe Rapsöl, das durch einen Glaskolben ins Innere fließt. „Das ist ein Lebensmittel und nur mit sieben Prozent Mehrwertsteuer belastet“, freut sich Michael Montag. „Und wir könnten mit dem, was durchs Glas läuft, jetzt auch einen Salat machen.“
Ute Glaser

Kontakt:
Montag & Rappenhöner GmbH
Industriestraße 3
51515 Kürten
Fon (0 22 68) 90 82-0
Fax (0 22 68) 90 82-28
info@montag-rappenhoener.de
www.montag-rappenhoener.de

Ausstellung und Beratung über regenerative Energien
im Narohaus
Talblick 2
51515 Kürten
Öffnungszeit: samstags 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung, alle 14 Tage wechselndes Schwerpunkt-Thema

^

 
Zurück zu: Archiv   Text-Archiv 2007   Aktuelles